… dass Zucker doch kein wirksames Schmerzmittel bei Säuglingen ist!

Oh, wow, was für eine bahnbrechende Erkenntnis! Jedes mit gesundem Menschenverstand und Einfühlungsvermögen für Babys ausgestattete Wesen fragt sich, wie man überhaupt auf diese nun sensationellerweise widerlegte Idee kommen konnte

Aber die Gehirne von Medizinern scheinen anders zu funktionieren, und so ist die Sache mit dem Zucker nicht der tragischste Irrtum in Bezug auf Schmerzempfinden und Schmerzausschaltung bei Säuglingen.

Der tragischste Irrtum ist vielmehr, dass Neugeborene und insbesondere Frühchen überhaupt keinen Schmerz fühlen können. Was dazu geführt hat, dass man bis weit in die 1980er Jahre chirurgische Eingriffe bis hin zu Herzoperationen an Säuglingen ohne Narkose, nur mit muskellähmenden Medikamenten, durchgeführt hat. Die Schmerzen und das Trauma, die die Winzlinge durchleiden mussten, sprengen jedes Vorstellungsvermögen…

Dieser Irrtum ist zum Glück seit einer Weile ausgeräumt, wobei sich allerdings die Säuglingsbeschneider dieser Welt seither mit einer Variante beholfen haben: Babys spüren lediglich “da unten” noch nichts, denn das brauchen sie ja erst später im Leben (vielsagendes Grinsen). Aber eigentlich auch dann nicht wirklich, deswegen kann man das ja auch ganz unbesorgt abschneiden.

Und nun also die Sache mit dem Zucker.

Diverse Studien belegten, dass die Verabreichung von in Zuckerwasser getränkten Schnullern die Schmerzäußerungen von Säuglingen bei “kleineren” Prozeduren wie Blutentnahmen, Infusionen – oder eben auch Beschneidungen – verringert.

Schlussfolgerung einer Studie: “Zucker auf einem Schnuller ist eine billige und effektive Methode zur Schmerzausschaltung bei Säuglingsbeschneidung, wenn ein DPNB [Methode zur lokalen Betäubung des Penis] nicht erwünscht ist.” (Warum sollte ein DPNB eigentlich “nicht erwünscht” sein?)

Dem wurde schon immer entgegengehalten, dass verringerte Schmerzäußerung nicht identisch mit verringertem Schmerzgefühl ist. Es ist bekannt, dass Saugen eine Reflexreaktion von Babys auf unangenehme Stimuli ist, weil das schmerzliche Hungergefühl beim Trinken an der Brust aufhört. Je schlimmer der Schmerz, desto verzweifelter (nicht etwa begeisterter!) nuckeln sie, auch wenn es ihnen gar nicht hilft. Gleiches gilt im übrigen für mit Wein getränkte Stofftücher, ob nun koscher oder nicht…

Die neue Studie verfolgt die revolutionäre Idee, die Auswirkungen des Zuckerwassers nicht anhand der subjektiven Schmerzäußerungen, sondern anhand der objektiven physiologischen Reaktionen auf den Schmerz zu bewerten.

Und jetzt endlich “weiß” man, was man schon immer hätte wissen können: Zuckerwasser bringt gar nichts. Weder für die Blutentnahme, noch für die Infusion und am allerwenigsten natürlich bei einem chirurgischen Eingriff wie einer Beschneidung.

Die neue Schlussfolgerung: “Die Wirkung von Zucker [...] sollte nicht als Schmerzausschaltung interpretiert werden.”

Was skalpellwetzende amerikanische Ärzte aber sicherlich nicht daran hindern wird, besorgten amerikanischen Eltern noch viele Jahre lang zu versichern, dass ihr “all american baby boy” selbstverständlich für seine ihn noch amerikanischer machende Beschneidung in den Genuss von “Schmerzmanagement” kommen wird – um dann hinzugehen und dem armen kleinen Kerlchen hinter der verschlossenen Tür lediglich einen Zuckerwasserschnuller in den Mund zu stecken. Aber wenigstens muss der hochkonzentriert arbeitende Herr Doktor sich dann nicht so anstrengen, um das Geschrei auszublenden. Und vielleicht fällt ja auch die Lüge leichter, dass der Kleine ein echter, tapferer Indianer war, der keinen Mucks gemacht hat – wobei die Amerikaner wörtlich allerdings nicht “Indianer” sagen, sondern “trooper”, also “Soldat”…

So, nachdem das geklärt ist, wer nimmt sich nun des nächsten Mythos an, dass nämlich Säuglinge, die bei der betäubungslosen Beschneidung vor Schmerzen in eine Schockstarre fallen, den Eingriff angeblich “friedlich verschlafen” haben?