Am 30.08.2012 berichtete die Frankfurter Rundschau, dass der Rabbiner Andrew Steiman und seine Kollegen im Zusammenhang mit der Beschneidungsdebatte Hass-Mails erhalten haben. Auf der anderen Seite erhielt gemäß einem Bericht des Focus vom 31.08.2012 der türkischstämmige Politiker Ali Utlu, der von seiner traumatischen Beschneidung berichtet hatte, einen Drohbrief nebst abgeschnittenem Schweineohr. In der “Jüdischen” rief am 28.08.2012 ein Autor dazu auf, den Arzt, der den Beschneider David Goldberg wegen Körperverletzung angezeigt hat, gewaltsam zu beschneiden.
Die entsetzlichste Tat ereignete sich jedoch am 28.08.2012 in Berlin, wo der Rabbiner Daniel Alter von vier Jugendlichen brutal niedergeschlagen wurde. Seine sechsjährige Tochter wurde mit dem Tod bedroht. Zwar wurde diese Tat offenbar von arabischstämmigen Jugendlichen verübt und es ist daher unwahrscheinlich, dass sie in ursächlichem Zusammenhang mit der Beschneidungsdebatte steht, dennoch möchten wir hiermit unmissverständlich klarstellen:
Wir verurteilen jede Form von persönlichen Angriffen, Diffamierung, Bedrohung oder gar körperlicher Gewalt.
Als Mittel in der Beschneidungsdebatte sind sie absolut inakzeptabel, und zwar auf beiden Seiten.
Der Streit darf allein mit Worten, mit Argumenten, ausgetragen werden, die sachlich und mit Respekt vor der Gegenseite vorgebracht werden.
Dem angegriffenen Rabbiner und seiner kleinen Tochter wünschen wir selbstverständlich, dass sie sich schnell von den körperlichen und seelischen Verletzungen erholen.
Wir distanzieren uns weiterhin von allen antisemitischen Äußerungen und Motivationen im Rahmen der Beschneidungsdebatte.
Versuche, die Diskussion der Beschneidung für antisemitische Hetze zu missbrauchen, verurteilen wir auf das Schärfste.
Es mag Antisemiten geben, die Beschneidung kritisieren, aber Beschneidungskritik ist nicht synonym mit Antisemitismus. Auch gegen derlei Vorwürfe sowie den Vergleich der Beschneidungsdebatte mit dem Holocaust verwehren wir uns daher.
Unsere Kritik gründet nicht in der Ablehnung und Geringschätzung von Juden (und/oder Muslimen), sondern allein auf humanistischen Werten und den Rechten der Kinder. Da wir Beschneidung als schädlich, schmerzhaft und traumatisch für Jungen erkannt haben, würden wir es vielmehr als Herabsetzung der Menschenwürde von jüdischen und muslimischen Jungen empfinden, wenn wir ihnen das Recht auf Schutz absprechen würden.
Wir bedauern es sehr, dass diese richtige und wichtige Diskussion derzeit eine unsachliche und gefährlich aggressive Wendung zu nehmen scheint.
Wir appellieren an alle Beteiligten, auf eine Deeskalation hinzuwirken und die Debatte auf einer rationalen Ebene weiterzuführen.
Wir bitten alle Beschneidungskritiker, sich dieser Erklärung durch einen Kommentar anzuschließen.
13 thoughts on “Beschneidungskritik ja, Antisemitismus und Gewalt nein!”
7. September 2012 at 21:48
Das Ende aller Messianismen (von „Judentum“ bis „(Pseudo)Wissenschaft“):
Wann werde ich endlich in einer intelligenten Welt (IQ > 200) leben können ohne diesen jahrtausendealten messianisch-beschnittenen-traumatisierten Terror überall, d.h. ohne diesen jüdisch-christlich-muslimisch-kapitalistisch-kommunistisch-faschistisch-hypersozial-hypermedial-politisch-juristisch-pseudowissenschaftlichen Schwachsinn überall?
Und zum Angriff Israels (“Juden”) auf den Iran (“Arier”):
Geht lieber Karotten und Bäume pflanzen, ihr verdammten Idioten überall, die mir tagtäglich meine Welt kaputt machen!
9. September 2012 at 14:17
Diesen Ausführungen stimme ich absolut zu.
Eine Diskussion muss stattfinden. Beide Seiten sollten sich an diesem Punkt offen zeigen und auf sachlicher, objektiver Basis über das Thema sprechen. Beleidigungen auf fremdenfeindlicher Basis haben hier nichts zu suchen. Ebenso sollten aber auch die beiden maßgeblichen Perspektiven – die Juristische und die Medizinische – respektiert werden und nicht als Antisemitismus oder Antiislamismus abgetan werden.
11. September 2012 at 13:30
volle zustimmung zu diesem artikel.
ich möchte in diesem zusammenhang auch vor der facebook gegen religiöse beschneidung (http://www.facebook.com/groups/334856336596642/?ref=ts) warnen, in der sich antisemitismus auszbreiten scheint
13. September 2012 at 16:30
Vollste Zustimmung. Haltet aus der Diskussion endlich die Religionen raus. Und zwar auf allen Seiten. Die Diskussion muss sich an den Rechten des Kindes orientieren. Und an den konkreten Folgen der Beschneidung.
Vor allem wärs schön, wenn der letzte Trottel endlich mal kapiert, dass Hass und Gewaltaufrufe ganz sicher nicht dazu führen werden, dass der Diskussionspartner überzeugt werden kann.
18. September 2012 at 14:14
Ich bin ein Gegner der Zwangsbeschneidung von nicht einwilligungsfähigen Jungen, da ich selber aus rituellen Gründen beschnitten wurde und sehr darunter leide. Durch mein Unglück leiden auch meine Eltern und machen sich große Vorwürfe. Meine Beschneidung hat allen Beteiligten nur Leid eingebracht. Mein Ziel ist es, die Kinder vor dem zu beschützen, was mir wiederfahren ist, weil ich es nicht verantworten kann zu schweigen. Hätten meine Eltern von den Folgen einer Beschneidung und dem Unglück der Beschnittenen gewusst, sie hätten es nie machen lassen. Religion hin oder her.