Am 03.11.2010 strahlte arte die Dokumentation “Und wenn’s ein Junge ist?”, im Original “Partly Private” von Danae Elon aus. Diese wird vom Sender als sehr persönlicher, witziger und sensibler Film über die Frage “Beschneiden oder nicht?” charakterisiert.
Persönlich und sensibel ist er wohl, die Witzigkeit hält sich allerdings sehr in Grenzen. Es handelt sich im Gegenteil ein bedrückendes und eindringliches Dokument der irrationalen Macht, die Beschneidung über Menschen hat, auch wenn Kopf und Bauch eigentlich wissen, dass es falsch ist.
Gegen Ende ihrer “Erkundungsreise” wohnt Danae Elon einer ultraorthodox-jüdischen Beschneidungszeremonie in der Grabstätte Abrahams in Hebron bei. Nicht nur der Penis des Babys, sondern auch die Szenen wurden geschnitten, daher dürften die wenigsten Fernsehzuschauer erfasst haben, was nach der eigentlichen Beschneidung vor sich geht, zumal es jegliches Vorstellungsvermögen sprengt.
Zunächst nimmt der Mohel (der traditionelle jüdische Beschneider) nach getaner Arbeit einen Schluck aus einem Glas. In der nächsten Szene sieht man, dass er sich nach unten beugt.
Was tut er da? Die Wunde mit kurzsichtigen Augen eingehend untersuchen?
Mitnichten.
Er führt einen Teil des jüdisch-orthodoxen Beschneidungsrituals durch, der sich Metzitzah oder Metzitzah b’peh nennt. Dafür nimmt der Mohel Wein in den Mund und saugt dann am Penis des gerade beschnittenen Jungen. Wer es nicht glauben kann – es soll auf YouTube auch entsprechende Videos aus den USA geben.
Durch Metzitzah soll die Blutung angeregt und die Heilung der Wunde gefördert werden.
Dies ergibt selbstverständlich nur nach altmodischen Vorstellungen von Wundhygiene Sinn. Heute ist uns klar, dass damit ein erhebliches Infektionsrisiko einhergeht, und tatsächlich kann beispielsweise Herpes auf die Säuglinge übertragen werden – mit u.U. tödlichen Folgen.
Aber da die Beschneidung das Kind ohnehin schon einem unnötigen Risiko aussetzt, ist der springende Punkt von Metzitzah eigentlich ein anderer.
Ein erwachsener Mann nimmt den Penis eines Babys in den Mund und saugt daran.
Das Foto datiert zwar von 1976, doch Metzitzah wird auch heute noch praktiziert.
Das ist doch sexueller Missbrauch, oder?
Oder nicht?
Macht die religiöse Aufladung den Vorgang vom Missbrauch zum (Ge)Brauch?
Macht erst die Intention der sexuellen Lustbefriedigung Missbrauch?
Macht es für einen acht Tage alten Jungen einen Unterschied, ob jemand religiös-wohlmeinend oder sexuell-egoistisch an seinem Penis lutscht?
Was macht eigentlich Missbrauch zu Missbrauch?
One thought on “Was macht eigentlich Missbrauch zu Missbrauch?”
6. Februar 2015 at 15:47
[…] gar medizinische Laien diese Rolle übernehmen, wobei religiöse Würdenträger dann schon mal am Penis Neugeborener lutschen […]