Die beiden FDP-Justizminister aus Baden-Württemberg und Hessen wollen durch Einfügung eines § 226a Strafgesetzbuch einen neuen Straftatbestand “Genitalverstümmelung” normieren.
“Solche Taten gehen wegen der lebenslangen körperlichen und seelischen Folgen für die Opfer über eine bloße Körperverletzung weit hinaus”, so die Minister. Insoweit ist ihnen auch sicherlich Recht zu geben.
Warum es hierzu aber eines § 226a geben muss, erschließt sich mir nicht, einen Tatbestand der schweren Körperverletzung gibt es bereits, die Genitalverstümmelung bei beiden Geschlechtern ist danach strafbar. Noch viel weniger erschließt sich mir aber, dass nach dem Wunsch der beiden Minister Fälle, wie der des erst vor einigen Jahren verurteilten Knabenverstümmelers Sagan B. aus Wuppertal nicht unter die neue Regelung fallen sollen, genausowenig wie der Fall eines 8jährigen Hamburger Jungen, der unter Schmerzen und ohne wirksame Betäubung nach eine, nachher wohl auch zurückgenommenen Einverständnis seiner Eltern von einem Afghanen “zum Mann gemacht” wurde.
Auche diese Kinder werden lebenslang unter seelischen Folgen leiden. Was ihnen widerfahren ist, soll aber nach Wunsch der beiden Justizminister nicht privilegiert sein, denn diese Kindern wurde nicht die Klitorisvorhaut grundlos abgeschnitten, sondern “nur” die physiologisch nahezu identische Penisvorhaut.
Stellt man jetzt aber expliziert nur die Verstümmelung von Mädchen unter Strafe, entsteht dann nicht erst recht der Eindruck, die grundlose und gewaltsame Verstümmelung von Jungen sei etwas vollkommen normales?
4 thoughts on “Gute Beschneidung und böse Beschneidung?”
11. November 2009 at 22:33
“Stellt man jetzt aber expliziert nur die Verstümmelung von Mädchen unter Strafe, entsteht dann nicht erst recht der Eindruck, die grundlose und gewaltsame Verstümmelung von Jungen sei etwas vollkommen normales?”
Na klar! Und ich bin mir sicher, dass die beiden Herren von der Partei mit dem F für “frei” im Namen es auch genauso normal finden. Und es ist ja schließlich auch eine Freiheit, die Genitalien des Sohnes nach eigenem Gusto zurechtschnitzen zu dürfen, oder nicht? Wie? Die Freiheit des Jungen, selbst über den Zustand seiner Genitalien zu bestimmen? Ach nee, das wäre doch schließlich ein höchst unliberaler staatlicher Eingriff in die eigenverantwortliche Privatsache “Religion”…
Sarkasmus beiseite: Ich glaube nicht, dass dieser Vorstoß (und auch der früher in diesem Jahr) Zufall ist. Man ist ja nicht blöd, man hört die putzkesche Nachtigall schon eine Weile trapsen. Wenn man jetzt schnell noch die Genitalverstümmelung von Mädchen zum Sondertatbestand macht, kann man später umgehen, die Genitalverstümmelung von Mädchen wie Jungen nach dem gleichen Maßstab messen zu müssen – und somit wie gewünscht den Status Quo, dass Mädchen heilig und Jungen Freiwild sind, beibehalten.
Aber eigentlich, wenn Grundgesetz, Menschenrechte und Co. in diesem Land das Papier wert sind, auf dem sie immer herumgewedelt werden, müsste das Bundesverfassungsgericht dieses Ding kassieren und den klaren Auftrag erteilen, gleiche Tatbestände doch bitte gleich und ohne Geschlechterdiskriminierung zu behandeln. Man müsste es nur erstmal dahin bringen…
14. November 2009 at 13:09
Man muss das BVerfG dazu bringen, das zu entscheiden.
Das machen die nicht von selbst. Da braucht es einen guten Anwalt oder einen Abgeordneten, der da entsprechende Klageformen kennt.
15. November 2009 at 21:51
Hallo GastNutzer!
“Man muss das BVerfG dazu bringen, das zu entscheiden.
Das machen die nicht von selbst. Da braucht es einen guten Anwalt oder einen Abgeordneten, der da entsprechende Klageformen kennt.”
Das ist mir schon klar, dass es nicht einfach von selbst dieses Gesetz bewertet und entsprechend entscheidet, auch wenn ich nicht im Detail weiß, was genau zu tun ist. Das ist im Prinzip auch das, was ich mit “Man müsste es nur erstmal dahin bringen…” sagen wollte.
Ich hoffe, dass irgendwo da draußen qualifizierte Leute die Sache beobachten und ggf. zur richtigen Zeit am richtigen Ort das Richtige tun. Meine volle moralische Unterstützung hätten sie dafür auf jeden Fall.
Stardust
6. Mai 2010 at 21:31
[...] Deutschland scheint man eine andere, verträglichere Lösung des Dilemmas gefunden zu haben: Hierzulande soll Mädchenbeschneidung als gesonderter Straftatbestand verankert [...]