Wenn man für die genitale Unversehrtheit von Jungen arbeitet, bekommt man so manche Rechtfertigung für (routinemäßige Säuglings)Beschneidung zu hören und zu lesen.
Bessere Hygiene, Schutz vor Geschlechtskrankheiten, HIV, Harnwegsinfekten und Gebärmutterhalskrebs, die hypothetischen sexuellen und ästhetischen Präferenzen potentieller zukünftiger Partnerinnen oder das “längere Stehvermögen” sind da eigentlich nur banale – und leicht entkräftbare – Standardargumente.
Manche “Beschneidungsgründe” sind allerdings auch so absurd, dass man nicht weiß, ob man darüber lachen oder weinen, dagegen argumentieren oder einfach nur fassungslos den Kopf schütteln soll.
Einige Höhepunkte der Absurdität:
- zur Heilung oder Vorbeugung von Krankheiten wie Wasserkopf, Epilepsie, Tuberkulose, Gallensteinen und Kleptomanie
- weil ein Pavian, den die Ägypter für heilig hielten, “beschnitten geboren” wurde
- damit der Penis wie der eines Känguruhs aussieht
- damit der Penis moderner aussieht
- weil die Vorhaut abfallen würde, wenn das Baby für ein Bad in die Wanne gesetzt wird
- weil seine Mutter der Meinung war, dass ihn sauberzuhalten so wäre, als ob sie ihn masturbieren würde
- weil der Arzt gesagt hat, dass es ihn beruhigen würde, wenn seine Eichel entblößt wäre
- um ihm beizubringen, dass die Welt ein Ort voller Schmerz ist
- als eine Art Rache für den Geburtsschmerz der Mutter bzw. als “Ausgleich” für den bei ihr durchgeführten Dammschnitt
- um seinem geschiedenen Vater eins auszuwischen
- weil er Waise ist
Diese und weitere Argumente können auf der Circumstitions-Homepage von Hugh Young nachgelesen werden. Circumstitions ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den englischen Worten für “Beschneidung” und “Aberglaube”. Leider nur schwer einzudeutschen – vielleicht “Beschneidungsabergründe”?
Angesichts der bisher bekannten “Circumstitions” dachte ich eigentlich, dass ich mich nichts mehr entgeistern könnte. Bis ich kürzlich auf folgende Begründung stieß:
“Wir würden viele Liter Wasser sparen, wenn mehr Männer beschnitten wären, da es dann unter der Dusche weniger Gefummel gäbe, um ihn sauberzuhalten.”
Ja, und wie viele Liter Wasser man erst sparen könnte, wenn mehr Frauen beschnitten wären und unter der Dusche nicht so lange herumfummeln würden, bis sie all die Hautfalten zwischen ihren Beinen sauber haben…
Oder wenn sich alle, Männlein wie Weiblein, per Staatsdekret den Schädel kahlrasieren müssten – kein langwieriges Haarewaschen und -färben mehr!
Abgesehen davon müsste natürlich zunächst einmal erhoben werden, ob beschnittene Männer eventuell häufiger unter der Dusche masturbieren, weil es da gerade so gut “flutscht” (und somit länger duschen = mehr Wasser verbrauchen).
Am Ende belegt dieses neue Argument – wie all die vorangegangenen – keineswegs die übergeordnete Sinnhaftigkeit von Beschneidung, sondern nur eines: Dass die Beschneidung gesunder, normaler Kinder nach wie vor ein Eingriff auf der Suche nach seiner Rechtfertigung ist – und dass diese Suche zunehmend verzweifelt wird.
PS: Weitere “Beschneidungsabergründe” dürfen gerne via Kommentarfunktion gesammelt werden.
4 thoughts on “Beschneidungsgründe”
6. April 2009 at 21:13
Ich habe mich schon gefragt wann diese Begründung kommen wird. Beschneidung weil ein Junge oder ein Mann 15 Sekunden länger unter der Brause pro Duschgang stehen wird.
Mir ist grad noch eine Begründung eingefallen:
Damit ein Kondom einen Intakten Penis komplett umschliesst muss es ja länger sein als bei einem Mann der beschnitten ist und wo die Vorhaut keine Falte bildet.
Wieviel Kautschuck und Latex lassen sich deshalb auf die gesamte Kondom benutzende Menschheit sparen?
15. Mai 2009 at 18:04
Super
5. Juli 2009 at 13:21
Inzwischen teilt man auf Fetischseiten mit das die Beschneidung angeblich auch vorbeugend gegen Prostatakrebs ist.
Angeblich weil die Krebsrate bei Juden und Moslems in Grossbritannien geringer ist.
Vielleicht hat das auch etwas mit dem Konsum von Schweinefleisch zu tun.
12. Juli 2009 at 21:01
Ach, der ist alt, das hat man im 19. Jahrhundert bei der Einführung von Beschneidung in den USA auch schon behauptet. Den Befürwortern fällt halt nichts neues mehr ein, da müssen sie immer wieder die alten Argumente aufkochen.
Und in Statistik, insbesondere was die Berücksichtigung solcher “Störfaktoren” wie Ernährungsvorschriften oder sonstigen kulturellen Eigenheiten betrifft, waren sie auch schon immer schwach.